3sat Kulturzeit, 9.11.2023 

Am 5. November, vor genau 100 Jahren, zogen Berliner Bürger durch die Straßen des Scheunenviertels und verübten Gewalttaten gegen Juden. Solche Ereignisse kannte man bis dahin nur aus dem Osten Europas. Dass derartiges sich inmitten Deutschlands abspielen könnte, hielten die meisten Menschen für ausgeschlossen. Vor allem in der Grenadierstraße konnte ein Mob stundenlang ungestört wüten, verletzen und plündern. Deutsche und internationale Medien reagierten danach schockiert. An den 9. November 1938 wird jährlich erinnert. Die Übergriffe des Jahres 1923, denen die Polizei lange tatenlos beiwohnte, sind jedoch weitgehend vergessen. Es ist heute insgesamt nur noch schwer vorstellbar, wie das dichte jüdische Leben vor 100 Jahren das Zentrum Berlins prägte. Berlin war damals ein Hoffnungs- und Schutzort besonders für jüdische Migrant*innen aus dem Osten. Die einstige Vielfalt aus Theatern und Geschäften, Schulen, Vereinen und Synagogen, in denen sich das Leben abspielte, ist heute nur noch in Fragmenten zu entdecken. Der Schrecken der Shoa, die Ermordung von 6 Millionen Juden, überlagerte die Geschehnisse aus den 1920er Jahren vollständig. 3sat „Kulturzeit“ begibt sich auf die Suche nach der jüdischen und migrantischen Stadtgeschichte des Berliner Scheunenviertels. Gleichzeitig werden Ängste ausgelotet, welche die heutigen jüdischen Bewohner Berlins umtreiben.


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